Wenn man im Oktober nicht in Kona ist, dann bedeutet das gleichzeitig, dass man nicht am Start ist. Ja, nicht am Start, nicht mit von der Partie beim Ironman, bei der Mutter aller Schlachten, dem Mythos, dem heiligen Gral, dem Rennen, das fuer eine ganze Menge Athleten der Grund ist warum sie irgend wann mal mit dieser bescheuerten Sportart angefangen haben. Nicht nur fuer uns Athleten, auch fuer mehr oder weniger gut informierte „Zivilisten“ findet im Oktober auf Hawaii jedes Jahr nun mal der „Triathlonwettkampf“ an sich statt.
Nicht so schlimm, wenn man nicht dabei sein kann, mag sich der Eine oder Andere jetzt denken, schliesslich ist in der kleinen Bucht am Schwimmstart und spaeter auf dem Highway sowieso nur Platz fuer knapp 1500 Athleten, mal ganz abgesehen davon, dass auch der Parkplatz des King Kamehameha Hotels auf dem jedes Jahr die Nudelparty und die Siegerehrung stattfinden einfach nicht noch mehr Leute vertraegt. Ganz nuechtern betrachtet ist das voellig korrekt, fuer den Athleten aber, der wohlmoeglich seit Jahren versucht seine Triathletenlaufbahn, in die er so viel Blut, Schweiss und Traenen investiert hat, fuer die er sogar seine Familie vernachlaessigt und sein letztes Erspartes ausgegeben hat, mit einem Start auf Big Island zu kroenen, und fuer jeden Gluecklichen, der bereits weiss wie sich die Gaensehaut anfuehlt, die man immer dann bekommt, wenn man inmitten der 1500 strampelnden Schwimmer im klaren warmen Wasser vor Kailua auf den Startschuss wartet, und dabei beobachtet wie si ch die Farbe des Himmes veraendert, wenn die Sonne langsam hinter der Flanke des Hualalai hervorkommt, ist diese Feststellung trotzdem nur ein schwacher Trost. Am Ende laeufts nur doch darauf hinaus, die anderen sind beim Ironman und ich sitz hier im Regen.
Zusaetzliche, schmerzhafte Momente beschert dem bemitleidenswerten Nichtqualifikanten zudem die im Oktober beginnende Partysaison, denn spaetestens auf jedem zweiten der zahlreichen, geselligen „Kuerbisssuppe mit Ingwer und ganz viel leckerer Rotwein“ Abende findet sich ein Maulwurf, ein Insider dem auffaellt, dass sich der Typ mit dem Syncros T-Shirt am anderen Ende des Tisches, der, der bei jeder Gelegenheit, jedem (auch denen die es nicht wissen wollen) mitteilt, dass er Triathlet ist, doch eigentlich in diesem Moment am anderen Ende der Welt, und zwar beim Ironman in Hawaii befinden muesste. Wenn man keine Lust darauf hat zu erfahren wie viele verschiedene Gesichtsausdruecke zwischen Mitleid und Verachtung es gibt, entschuldigt man sich spaetesten zu diesem Zeitpunkt in die Kueche und bietet der Dame des Hauses kompetente Hilfe beim fachmaennischen Entsorgen der Kuerbissabfaelle an.
Ein verregneter Oktober in Deutschland ist deshalb fuer jeden der es zum Ersten oder auch zum Xten Mal wieder an die Startlinie am Pier und ein paar Stunden spaeter dann ueber die Ziellinie am Alii Drive schaffen will, die richtige Zeit fuer gute Vorsaetze, denn wenn man sich keinen Slot bei Ebay kaufen kann, und mehr Glueck in der Liebe hat, als bei der Ironman Lottery, dann gibt es, vorrausgesetzt es ist genug Talent und Zeit vorhanden, einen Weg dorthin. Der Weg ist steinig aber er ist zu schaffen, man muss nur wirklich Wollen, denn als Belohnung kann man den Oktober dann so geniessen wie es sich fuer einen Ausdauerdreikaempfer gehoert, in Kona am Meer und nicht einer verregneten Stadt im deutschen Binnenland. Deshalb steht heute am Ende die absurde Feststellung, es kann gut sein, das es gut ist, dass es nervt im Oktober nicht in Kona zu sein.
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